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Händigkeit Ursachen: Warum wird man Links- oder Rechtshänder?

Gerade Linkshänder und Beidhänder, aber gewiss auch der eine oder andere Rechtshänder wird sich schon die Frage gestellt haben, wieso es Händigkeit überhaupt gibt. Wieso haben Menschen überhaupt eine dominante und eine unterstützende Hand? Wie kommt es, dass viele Menschen Rechtshänder sind, manche aber nicht? Auch der Forschung geben derartige Fragen bis heute Rätsel auf.

Das heißt aber keineswegs, dass es nicht auch gesicherte Erkenntnisse und gut fundierte Theorien gäbe. Mit diesen wollen wir uns im Folgenden auseinandersetzen.



Das wichtigste in 30 Sekunden

  • Es existieren neben Rechts- und Linkshändern auch Beidhänder.
  • Händigkeit ist also ein Spektrum und nichts Absolutes.
  • Die Händigkeit bildet sich in frühester Kindheit heraus und kann mit verschiedenen Tests ermittelt werden.
  • Für die Ursachen der Händigkeit als solches und ihrer Ausprägung gibt es eine Vielzahl von Hypothesen.
  • Abschließend geklärt sind die Ursachen jedoch nicht.
  • Da Lateralisation auch bei Tieren vorkommt, hat sie vermutlich evolutionsbiologische Ursachen.
  • Die Ausprägung der individuellen Händigkeit könnte von genetischen, hormonellen und umweltbedingten Faktoren abhängen.
  • Viele Mythen über Linkshänder entbehren jedweder Grundlage.

Händigkeit Ursache

Händigkeit: Links-, Rechts- oder Beidhändig

Warum gibt es Rechts-, Links und Beidhänder?

Die Frage nach der Ursache der Händigkeit im Allgemeinen so wie ihrer Ausprägung beim Individuum beschäftigt Wissenschaftler seit Langem und es gibt eine Reihe mehr oder weniger wahrscheinlicher Hypothesen.


Die meisten Menschen sind Rechtshänder, d. h. die rechte Hand ist dominant und wird bevorzugt bei der Ausführung von Tätigkeiten benutzt. Bei Tätigkeiten, die beide Hände erfordern, ist die rechte Hand die aktive und die linke die unterstützende Hand. Bei Linkshändern ist es genau umgekehrt.

Allerdings gibt es auch Beidhänder, die im Spektrum der Händigkeit ziemlich genau in der Mitte liegen, also beide Hände gleichermaßen zum Ausführen von Tätigkeiten mit vergleichbarer Präzision nutzen können. Das kann gerade bei Kindern jedoch zu einem Problem führen: Statt instinktiv mit einer Hand zuzugreifen, müssen sie jedes Mal eine Entscheidung treffen, was manche Kinder überfordert und zu Konzentrations- und Lernstörungen führen kann, ähnlich der zwangsweisen Umschulung von Linkshändern zu Rechtshändern.

In der Fachsprache spricht man bei Beidhändigkeit auch von Ambidextrie. Das ist jedoch – wie jeder, der Latein in der Schule hatte, merken dürfte – ein Oxymoron, denn auch wenn „ambo“ „beide“ bedeutet (wie etwa in „ambivalent“), heißt „dexter“ nichts anderes als „rechts“. In diesem Fall wird „dexter“ aber wohl mehr im Sinne von „geschickt“ verwendet.

Welche Hand dominant ist, kann schon im Kleinkindalter, spätestens jedoch vor der Einschulung mit Tests ermittelt werden, die entweder austesten, mit welcher Hand ein Kind eine Tätigkeit instinktiv ausführt (Klatschtest und Greiftest) oder mit welcher Hand das Kind geschickter ist (Hand-Dominanz-Test und Punktiertest). Basierend darauf kann man das Kind dann optimal fördern.

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Die Händigkeit wird bereits im Kindesalter entschieden

Mittlerweile deutet vieles darauf hin, dass sich die Händigkeit schon im Mutterleib entscheidet. Ultraschallaufnahmen zeigen, dass Föten in der dreizehnten Woche bereits bevorzugt an einem der beiden Daumen nuckeln. Gesichert ist die Ausprägung der Händigkeit aber ab der Geburt.

Schon bei kleinen Kindern kann man die Handpräferenz austesten. Welche Hand bewegt sich beim Klatschen und welche bleibt eher still? Mit welcher Hand greift ein Kind nach einem ihm hingehaltenen Gegenstand? Greift das Kind zum Malen um, wenn man ihm einen Stift in die vermeintlich inferiore Hand drückt?

Daran ändert sich nichts, sofern nicht von außen eingegriffen wird. Das muss nicht zwangsläufig eine Umschulung bedeuten, von der aus neurologischer und psychiatrischer Sicht strikt abzuraten ist. Erwachsene und auch andere Kinder können ganz unbewusst und unbeabsichtigt Einfluss auf die Händigkeit nehmen.

Albert Einstein soll zwar mal gesagt haben: „Es gibt keine bessere Erziehung als Vorbild zu sein, notfalls ein abschreckendes“, doch gerade in jungen Jahren sind Eltern, Verwandte oder Lehrer unweigerlich Vorbild durch Abgucken. Kleine Kinder lernen Bewegungsabläufe oft, indem sie andere dabei beobachten.

Auch so kann sich eine Art Beidhändigkeit herausbilden: Ein von der Veranlagung her linkshändiges Kind lernt bestimmte Prozesse durch Abschauen von einem Rechtshänder und wird dadurch entgegen seiner angeborenen Handpräferenz bei bestimmten Tätigkeiten mit Rechts geschickter. Da es erlernt und nicht angeboren ist, wäre dies aber keine Ambidextrie im engeren Sinne.


Warum gibt es überhaupt eine Händigkeit?

Wir wollen uns in diesem Abschnitt nicht mit der Frage befassen, warum welche Hand dominant ist, sondern warum es überhaupt eine Handpräferenz gibt. Wieso sind nicht alle Menschen mit beiden Händen gleichermaßen geschickt? Wieso führen Menschen viele Tätigkeiten bevorzugt mit einer Hand aus?

Das Phänomen der Lateralisation oder Lateralität bezeichnet allgemein die individuelle Präferenz einer Körperseite sowie auch die Asymmetrie des Körpers als solches (nicht jedes Organ existiert zweimal im Körper bzw. ist symmetrisch). Uns interessiert an dieser Stelle aber vor allem die Lateralisation auf neurologischer Ebene.

Da außer Menschen kein Lebewesen schreiben kann und nur andere Primaten so etwas wie Hände besitzen, mit denen sie feinmotorisch arbeiten können, hielt man die Lateralisation lange Zeit für ein rein menschliches oder allenfalls auf Primaten beschränktes Phänomen. Andere Tiere, bei denen man den Gebrauch von Werkzeugen beobachten konnte, taten dies mit dem Schnabel (Vögel) oder verfügten über weit mehr als zwei Extremitäten (Kopffüßler).

Mittlerweile weiß man aber, dass praktisch jedes Tier eine dominante Gehirnhälfte und in Konsequenz eine dominante Körperhälfte hat. Der Grund dafür ist recht simpel: Tätigkeiten mit nur einer Pfote oder Hand durchzuführen ist per se schon einmal energiesparend, denn nur die Muskeln einer Extremität werden beansprucht.

Immer die gleiche Seite für die gleichen Aufgaben zu gebrauchen, sorgt für eine Aufgabenteilung im Gehirn und erleichtert dem Muskelgedächtnis das Abspeichern von Bewegungsabläufen. Das Gehirn verbraucht mehr Energie als jedes andere Organ, weshalb es von Vorteil ist, wenn es Abläufe nicht bewusst steuern muss.


Wie wird entschieden, wer Links- und wer Rechtshänder wird?

Bis heute ist nicht abschließend geklärt, was dazu führt, dass jemand als Rechtshänder oder als Linkshänder oder gar Beidhänder auf die Welt kommt oder sich gar im Laufe des Lebens zu einem der drei entwickelt, wobei dies durch Anpassung, Abgucken oder Umschulung geschieht und der Natur des jeweiligen Menschen eigentlich zuwider ist und deshalb Probleme mit sich führt.

Die eigentliche Handpräferenz ist uns also von Natur aus gegeben. Ferner weiß man, dass sie damit zusammenhängt, welche Gehirnhälfte die dominante ist: Bei Rechtshändern die linke, bei Linkshändern die rechte. Aber da geht es schon los: Was nun wirklich was bedingt, ist nicht sicher. Bislang ging man davon aus, dass die Lateralisation im Gehirn die Händigkeit bestimmt, aber es gibt auch da Forscher, die anderes sagen (siehe 6).

Wenn etwas angeboren ist, liegt es nahe, die Ursache in der DNA zu suchen. Nun gibt es aber durchaus eineiige Zwillingspaare, bei denen einer der beiden Rechtshänder ist und der andere Linkshänder. Eineiige Zwillinge sind aber genetisch identisch. Zudem scheiterten bisherige Versuche, das Gen für die Händigkeit zu identifizieren.

Was aber, wenn nicht ein Gen allein, sondern das Zusammenspiel mehrerer Gene der entscheidende Faktor ist? Genauso gut wäre es aber möglich, dass die Genetik nur ein anteiliger Faktor ist – aktuell gehen Wissenschaftler von einer genetischen Komponente von 25 Prozent aus.

Dass mehrere Gene und auch andere Faktoren anteilig die Händigkeit bestimmen, würde aber zu der Erkenntnis passen, dass es sich bei der Händigkeit um ein Spektrum handelt. Je mehr Faktoren für einen Linkshänder erfüllt sind, desto stärker präferiert die betroffene Person die linke Körperhälfte. Umgekehrt würde dasselbe natürlich auch für Rechtshänder gelten.

Da Händigkeit schon bei Föten im Mutterleib zu beobachten ist, müsste diese wohl genetisch bedingt sein oder im Embryonalstadium festgelegt werden. Das Geschwind-Behan-Galaburda-Modell geht etwa davon aus, dass Sexualhormone im Frühstadium der Schwangerschaft eine Rolle spielen. Überhaupt scheinen Hormone während der Schwangerschaft ein entscheidender Faktor zu sein.

Wenn nun andere Faktoren wie etwa der Geburtszeitpunkt (Früh- oder Spätgeburt) oder das Geburtsgewicht angeführt werden, steht auch wieder die Frage nach Ursache und Wirkung im Raum. Anders gesagt: Geht die frühe Geburt, die ein niedriges Geburtsgewicht bedingt und zudem häufig mit Linkshändigkeit einhergeht, auf dieselben hormonellen Faktoren zurück und tritt in Korrelation zur Linkshändigkeit auf oder besteht eine Kausalität und die frühe Geburt ist, wie die Brain-Damage-Theorie besagt, ursächlich für die Linkshändigkeit, da die Gehirnschäden, die Frühchen erleiden, durch eine Umstrukturierung des Gehirns kompensiert werden.

Und dann wäre da noch die nicht angeborene Händigkeit, die von der Umwelt bedingt wird, wobei im Nachhinein schwer zu sagen ist, was angeboren und was anerzogen ist. Hier spielen auch kulturelle Faktoren und somit Geburtsjahr und Heimatland eine Rolle. Je nachdem wie verpönt Linkshändigkeit im Herkunftsmilieu ist, ist die unbewusste und bewusste Umerziehung ein entscheidender Faktor für Rechtshändigkeit.


Dominanz ist oft nicht 100%

Viele Eigenschaften von Menschen, die lange Zeit als etwas Absolutes eingestuft wurden, werden mittlerweile als Spektrum gesehen: sexuelle Orientierung (von ganz heterosexuell bis ganz homosexuell), Geschlechtsidentität (weiblich oder männlich, jeweils dann in Relation zum biologischen Geschlecht), neurologische Ausprägung (von narzisstisch über neurotypisch bis hin zu autistisch – stark vereinfacht) und vieles mehr. Menschen sind nun einmal komplexer als ein bloßes Schwarz-Weiß-Schema.

Mit der Lateralisation ist es ganz ähnlich: Absolute Links- oder Rechtshänder bilden eher die Ausnahme. Zwar ist eine Tendenz zur Rechtshändigkeit eher die Regel, so wie etwa die Tendenz zur Heterosexualität auch häufiger auftritt bzw. meist stärker ist, doch macht Häufigkeit bei der Vielschichtigkeit der menschlichen Natur nicht Normalität aus. Beides ist jeweils gleichermaßen normal, wenn auch seltener.

In verschiedenen Untersuchungen testet man daher, wer welche Tätigkeit bevorzugt mit welcher Hand ausführt oder wie passiv die unterstützende Hand im Vergleich zur Führungshand bei der Ausführung bestimmter Tätigkeiten bleibt. So lässt sich dann ein Lateralisationsquotient ermitteln, der angibt welche Hand, zu welchem Anteil die dominante ist.

Das wiederum lässt Rückschlüsse auf die dominante Gehirnhälfte zu. Die lange Zeit weitverbreitete Annahme, die rechte Gehirnhälfte sei stets die „kreative“ und „emotionale“ und die linke Hemisphäre sei die „rationale“ und Linkshänder seien folglich künstlerisch begabter und Rechtshänder weniger emotional, gilt jedoch als widerlegt. Entsprechende Gehirnareale bilden sich nämlich ähnlich individuell aus bzw. sind gleichermaßen in beiden Gehirnhälften veranlagt.


Warum gibt es mehr Rechts- als Linkshänder?

Auch hier gilt: Es gibt eine Reihe von Vermutungen und Hypothesen, die teilweise auch schon wieder als obsolet angesehen werden, aber wirklich geklärt ist die Frage nicht.

Dass es mehr Rechtshänder gibt, führen Evolutionsbiologen darauf zurück, dass schwere Organe in der rechten Körperhälfte liegen, was zu einer Gewichtsverlagerung nach links führt, was dann wiederum größere Bewegungsfreiheit der rechten Extremitäten zur Folge hat. Dass es trotzdem Linkshänder gibt, liegt laut Fighting-Hypothese daran, dass Rechtshänder auch auf Bewegungsabläufe von Rechtshändern gepolt sind und Linkshänder daher in Kampfsituationen einen Vorteil genießen.

Die lange Zeit weitverbreitete Hypothese, die stärkere Verbreitung von Rechtshändigkeit habe sich kulturell aus dem Glauben, die rechte Hand sei die „gute“ Hand und die linke die „schlechte“, entwickelt, gilt mittlerweile als widerlegt. Handabdrücke als Höhlenmalereien zeigen nämlich fast immer die linke Hand, die folglich als Vorlage oder Schablone diente, während die rechte Hand, die demnach die Führungshand war, die Malarbeit übernahm.


Händigkeit: Viele Rätsel bleiben offen

Abschließend muss man sagen: Wir wissen über die Ursachen der Händigkeit wenig. Weder können wir abschließend sagen, warum eine einzelne Person eine bestimmte Händigkeit hat, noch warum und seit wann es Händigkeit überhaupt gibt. Theorien gibt es viele, ja, aber halt so gut wie nichts Definitives.

  • Selbst die zahlreichen, oftmals recht stereotypen Mythen und Legenden, die sich um Linkshänder ranken, sind genau das: Mythen. Linkshänder sind weder intelligenter noch kreativer, ganz gleich, wie oft angeführt wird, Leonardo da Vinci, Isaac Newton, Friedrich Nietzsche, Nicola Tesla, Marie Curie und Albert Einstein seien wohl Linkshänder gewesen. Große Genies, keine Frage, aber Imhotep, Archimedes, al-Chwarizmi, Immanuel Kant, Charles Darwin, Galileo Galilei, Hypatia und selbst Karl Marx (so links er sonst auch war) waren soweit wir wissen, keine Linkshänder.
  • Und die Künstler? Johann Wolfgang von Goethe, Franz Kafka, Albrecht Dürer, Pablo Picasso, Ludwig van Beethoven, Wolfgang Amadeus Mozart, Paul McCartney, Kurt Cobain, Sting, P!nk, Lady Gaga, Julia Roberts und Keanu Reeves waren bzw. sind Linkshänder. Michelangelo Buonarroti war ein umgeschulter Linkshänder (was er wohl sonst noch zustande gebracht hätte?). Aber William Shakespeare, Friedrich Schiller, Victor Hugo, Bertolt Brecht, J. R. R. Tolkien, Raffael, Claude Monet, Vincent van Gogh, Johann Sebastian Bach, John Lennon, Freddie Mercury, Helena Bonham Carter, Anthony Hopkins und fast alle anderen berühmten Künstler nicht.
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Es heißt, der Teufel sei Linkshänder. Und auch wenn es stimmt, dass Jack the Ripper Linkshänder war, ist die Behauptung, Adolf Hitler und Josef Stalin seien Linkshänder gewesen, schlicht falsch. Kurzum: Linkshänder unterscheiden sich von Rechtshändern in genau einer Eigenschaft: ihrer Händigkeit.

Quellen & interessante Links:



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